Mobbing – Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
Wie schütze ich mich, wenn der Arbeitgeber Mobbing durch einen Vorgesetzten oder Kollegen zulässt und seine Fürsorgepflicht nicht wahrnimmt?
Die wichtigste Pflicht des Arbeitgebers ist natürlich, dass er dem Arbeitnehmer den geschuldeten Lohn pünktlich und in voller Höhe bezahlt. Daneben treffen den Arbeitgeber aber neben seinem Recht auf Direktionsbefugnis, Entgegennahme der Arbeitsleistung auch diverse Nebenpflichten.
Diese Regelungen sind aber leider nur in vielen arbeitsrechtlichen Gesetzen verstreut zu finden oder beruhen auf betrieblicher Übung bis hin zu Treu und Glauben (§ 242 BGB), so z.B. im Bundesurlaubsgesetz, Arbeitszeitgesetz, § 612 a BGB, Entgeltfortzahlungsgesetz, Kündigungsschutzgesetz, Betriebsverfassungsgesetz u.a..
Verletzt der Arbeitgeber sollte Nebenpflichten die auch Fürsorgepflichten genannt werden, hat der Arbeitnehmer diverse Ansprüche wenn er die Verletzung beweisen kann:
* einen Erfüllungs- bzw. Unterlassungsanspruch,
* ggfls. ein Zurückbehaltungsrechts an seiner Arbeitsleistung
* ggfls. ein Kündigungsrecht (evtl. sogar Abmahnung des Arbeitnehmers erforderlich!)
* ggfls. Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers.
Aber Achtung: Stellt sich die vermeintliche Verletzung einer Fürsorgepflicht oder die angebliche Mobbinghandlung lediglich als Anweisung im Rahmen des vertraglichen Direktionsrechts heraus, kann dies umgekehrt zu entsprechenden Gegenhandlungen des Arbeitgebers führen. Hier kann sogar ggfls. eine Sperrzeit durch die Bundesagentur für Arbeit folgen. Ohne anwaltliche Hilfe sollte man hier sehr vorsichtig sein und von einer voreiligen spontanen Kündigung zunächst Abstand nehmen.
Unter „Mobbing“ wird vieles in den Medien verkauft. Aber nicht alles wo Mobbing drauf steht, ist tatsächlich Mobbing drin. Mobbing ist eine derart unbestimmte Begrifflichkeit, dass man es nur Umschreiben kann. Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 11.12.2014 – 8 AZR 838/13 versucht Mobbing zu beschreiben, wie folgt: „ als fortgesetzte, aufeinander aufbauende und ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen am Arbeitsplatz gegenüber einzelnen Mitarbeitern zur Erreichung von Zielen, die von der Rechtsordnung nicht gedeckt und die jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzen.“
Nicht jede Kritik ist Mobbing nicht jede Arbeitsanweisung ist Schikane, sondern kann arbeitsvertraglich vom Direktionsrecht umfasst sein.
Indikatoren für „Mobbingverhalten“
- ein übergreifendes systematisches Vorgehen sei es vom Arbeitgeber oder von einem Mitarbeiter
- Ziel die Würde des Arbeitnehmers zu verletzen
- Mittel: Einschüchterung, Anfeindungen, Erniedrigung, Entwürdigung, Beleidigung , Manipulation von Arbeitsergebnissen, Isolation, durchstechen von Informationen,
- 3 Abs. 3 AGG
Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.
Jede Arbeitnehmerin, jeder Arbeitnehmer hat gegenüber seinem Arbeitgeber Anspruch auf Schutz vor systematischen Anfeindungen (Mobbing) dieser Art durch Kollegen oder Vorgesetzte!
Arbeitsrechtlich bestehen zu Gunsten des Arbeitnehmers zwar Ansprüche, wie oben dargestellt zur Verfügung. Aber in der Regel scheitern diese Ansprüche an der Beweislastfrage. Ja, ich weiß auch, es ist mühsam ein sog. Mobbing-Tagebuch zu führen, dass auflistet, was, wann, durch wen, wie erfolgte.
Die „Mobberin“ oder der „Mobber“ gehen in der Regel gezielt, geschickt und verborgen vor. Oft hat sie/er, wenn es sich um eine Vorgesetztenfunktion handelt, überlegenes Wissen. Sie/Er kann sein Opfer gezielt auflaufen lassen und vor den Kollegen vorführen.
Bis das Mobbingopfer überhaupt erkennt, dass es gar kein Burn-Out ist, es nicht so dumm ist, es kein eigener Fehler war, es kein Zufall war, dass die e-mail nicht verloren ging, der Urlaubsschein doch abgegeben war, ist das Opfer, so meine anwaltliche Erfahrung in der Regel schon gesundheitlich so angeschlagen, dass ein Verbleib im Unternehmen oft nicht mehr möglich ist. Es gilt dann arbeitsrechtliche Lösungen zu suchen, die oft im Ausscheiden aus dem Unternehmen enden.
Auch wenn Mobbing bewiesen ist, ein Mobbing Opfer hat keinen Anspruch darauf, dass die Führungskraft vom Arbeitgeber entlassen wird. Auch hat das Mobbing-Opfer generell keinen Anspruch auf Versetzung an einen anderen Arbeitsplatzes, es sei denn ein solcher Arbeitsplatz ist objektiv im Betrieb vorhanden..
Ein Schadensersatzanspruch ist aber nur dann gegeben, wenn bewiesen werden kann das ein schuldhaftes Verhalten des Arbeitgebers oder eines ihm zurechenbaren Mitarbeiters gegeben hat.
Ansprüche des Arbeitnehmers Arbeitnehmerin wegen Mobbing unterliegen nicht der vertraglichen Ausschlussfrist.
Achtung: auch das Mobbing-Opfer trifft grds. eine Schadensminderungspflicht. Ggfls. hat es
dem Arbeitgeber die Mobbinghandlungen anzuzeigen und ihn zur Abhilfe aufzufordern.
Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Mobbingklage nebst Beweismitteln vor, könnte man unter anderem nachfolgende Klageanträge stellen:
- Die Beklagte wird verurteilt Schadensersatz in Höhe von 5.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.
- Die Beklagte wird verurteilt, ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe im Ermessen des Gerichts gestellt wird jedoch 7.000 Euro nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an die Klägerin zu zahlen.
- Es wird festgestellt, dass die Beklagte zum Ersatz aller weiteren Schäden und Nachteile verpflichtet ist, die der Klägerin durch die in der nachfolgenden Klagebegründung dargelegten Mobbing-Aktivitäten des Mitarbeiters der Beklagten, Betriebsleiter Fritz Meier entstanden sind.
- Die Beklagte wird verpflichtet alles in ihrer Macht stehende zu tun, um Mobbinghandlungen des Betriebsleiters Fritz Meier insbesondere solche, wie sie in der nachfolgenden Klageschrift beschrieben sind, künftig zu verhindern.