Mietrecht Trier – Mietmangel – altes Heizsystem?
Veraltetes Heizungssystem begründet Mietmangel
Mieter können Anpassung an moderne Standards vom Vermieter erwarten / 10% Mietminderung
Auch die Mieter von Altbauwohnungen mit offensichtlich veralteten Standards im Bereich der Beheizbarkeit dürfen eine allmähliche Anpassung an heutige Standards von ihrem Vermieter verlangen. Andernfalls sind sie zu einer Minderung der Miete berechtigt. Gleichzeitig darf der Vermieter Mieterhöhungen nach erfolgten Modernisierungsarbeiten erheben. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Bremerhaven hervor.
Die Beklagten im vorliegenden Fall waren Mieter, die sich zu einer Mietminderung aufgrund unzureichender Beheizbarkeit der Wohnung berechtigt sahen. In den kalten Monaten Februar und März seien in der Küche 16 Grad Celsius, im Vorraum zum Balkon Null Grad Celsius und in der Toilette 10 Grad Celsius gemessen worden. Dies beruhe vor allem darauf, dass die Heizkörper nicht am jeweiligen Fenster, sondern an einer Seitenwand des jeweiligen Raumes installiert seien. Die Vermieter stimmten einer Neuinstallation der Heizkörper nur unter der Bedingung zu, dass die Umlage der Kosten auf die Miete akzeptiert werde. Dies lehnten die Mieter ab und minderten die monatlichen Mietzahlungen seitdem um 20 Prozent. Die Vermieter klagten daraufhin auf Zahlung der ausstehenden Miete.
Kläger behauptet, Mieter verlange mietzinsneutrale Modernisierung
Die Kläger erklärten, die angeführten Mängel seien nicht zum ersten Mal in dem von den Beklagten angegebenen Zeitraum aufgetreten, so dass es sich in Wahrheit nicht um eine Mängelrüge, sondern um einen mietzinsneutrale Modernisierungswunsch handele. Von Mängeln könne überdies nicht die Rede sein, da der Mietzins entsprechend des Alters des Gebäudes niedrig sei und die Beklagten folglich den Heizstandard in der Wohnung akzeptiert hätten.
Belüftungs- und Heizverhältnisse nach heutigen Standards unzureichend
Das Gericht ermittelte einen Mietminderungsanspruch um 10 Prozent gemäß § 537 Abs. 1 BGB. Nach erfolgter Beweisaufnahme durch einen Sachverständigen konnte festgestellt werden, dass die Belüftungs- und Heizverhältnisse in der Küche, dem Vorraum und in der Toilette in der streitgegenständlichen Wohnung nach heutigen Standards unzureichend seien. Bei einer Probemessung konnte in einer Raumhöhe von einem Meter eine Temperatur von 18 Grad Celsius gemessen werden, in Fußbodenhöhe jedoch lediglich 10 Grad. Diese extremen Temperaturschichtverhältnisse, die der Sachverständige nach eigenen Angaben als ungemütlich empfunden habe, seien darauf zurückzuführen, dass der Heizkörper nicht am Fenster, sondern an einer Innenwand angebracht sei. Dadurch werde die durch das Fenster eindringende kalte Luft nicht sofort erwärmt, sondern müsse erst zum warmen Heizkörper kriechen, um sich dort zu erwärmen und aufzusteigen. Ebenso seien die Temperaturen in der Toilette aufgrund eines fehlenden Heizkörpers unzureichend.
Vermieter ist zur Anpassung an neue Standards verpflichtet
Der Vermieter sei nach Auffassung des Gerichts verpflichtet, von Zeit zu Zeit altbaubedingte Unzuträglichkeiten des Mietobjekts durch Anpassung an neue Standards zu beseitigen. Dies könne im Rahmen von Neuinvestitionen oder ohnehin irgendwann fälliger Ersatzinvestitionen erfolgen. Diese Verpflichtung könne der Vermieter auch nicht mit der Begründung von sich weisen, der Mieter habe bei Abschluss des Mietvertrages gewusst, dass es sich um einen Altbau handele. Der Mieter dürfe eine Anpassung an neue Standards über die Zeit erwarten. Wird der Vermieter dieser Erwartung nicht gerecht, so erwachse dem Mieter daraus ein Recht auf Mietminderung. Gleichzeitig sei es jedoch auch das Recht des Vermieters, Investitionskosten auf die Miete im Rahmen des Mieterhöhungsgesetzes umzuschlagen.
Die Entscheidung ist aus dem Jahre 1992 und erscheint im Rahmen der Reihe „Wissenswerte Urteile“.
Angaben zum Gericht:
- Gericht:Amtsgericht Bremerhaven
- Entscheidungsart:Urteil
- Datum:26.05.1992
- Aktenzeichen:59 C 1214/91
Quelle:ra-online, Amtsgericht Bremerhaven (vt/st)