Kehrt die Fehlbelegungsabgabe im sozialen Wohnungsbau zurück?
Macht die Fehlbelegungsabgabe vielleicht doch Sinn im sozialen Wohnungsbau, auch wenn sie nicht wirtschaftlich ist?
Neben meiner Tätigkeit als Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht bin ich als Stadtratsmitglied in Konz immer wieder vor die Frage gestellt, was können wir als kommunale Vertreter tun, wenn wir keine Mittel für neue Sozialwohnungen haben und die Sozialwohnungen, die existieren inzwischen von Menschen bewohnt werden, die glücklicherweise heute keinen Wohnberechtigungsschein mehr erhalten würden, da sie inzwischen wirtschaftlich zu gut gestellt sind.
Als Jurist erinnert man sich dann an das Instrument der Fehlbelegungsabgabe. Der nachfolgende Artikel ist quasi das Ergebnis meines Nachsinnens zur obigen Fragestellung.
Für wen kann der nachfolgende Artikel vielleicht von Bedeutung sein ?
- Vermieter und Mieter des öffentlich geförderten Wohnraums
- Arbeitgeber deren Mitarbeiter in sozial gebunden Wohnraum leben.
- Bauträger, Wohnungsverwaltungsgesellschaften, Immobilienkäufer
- Kommunale Mandatsträger
Der nachfolgende Text dient zur Findung erster Informationen zu diesem rechtlichen Anliegen und kann eine Beratung durch eine sachverständige Personen im konkreten Einzelfall nicht ersetzen!
Lesezeit ca. 5 Minuten
Einleitung:
Sie erfreuen sich derzeit darüber, dass Sie obwohl Sie zur Miete wohnen, nicht mit Mieterhöhungen rechnen müssen? Oder Sie befinden sich auf Wohnungssuche und glauben ein erschwingliches Angebot gefunden zu haben? Sofern Sie eine öffentlich geförderte Wohnung bewohnen oder im Auge haben, können die nachfolgenden Informationen für Sie relevant werden.
Das zumeist ein Wohnberechtigungsschein benötigt wird, um eine sozial gebundene / öffentlich geförderte Wohnung als Mieter zu beziehen ist wohl allgemein bekannt. Den wenigsten Mietern ist jedoch bewusst, dass es grundsätzlich die gesetzliche Möglichkeit gibt „Abgabegebühren“ zu erheben von jenen die „Zuviel“ verdienen.
Die gute Nachricht, in der Regel verzichten die Kommunen – derzeit noch – auf Erhebung dieser „Abgabegebühren“, weil der Verwaltungsaufwand in keiner Relation zu den zu erzielenden Einnahmen steht. Im Rahmen der derzeitigen politischen Diskussionen über Mangel an Sozialwohnungen kann aber niemand verlässlich sagen, wie lange diese wirtschaftlichen Gründe noch Relevanz haben werden. Politische Ziele und wirtschaftliche Vernunft sind aus meiner Erfahrung nur selten Deckungsgleich.
Leider!
Die Abgabegebühr, welche auch Fehlbelegungsabgabe genannt wird, ist in einigen Städten und Gemeinden in den letzten Jahren „abgeschafft“ worden. Kehrt nun die „Gebühr“ zurück, um bei Überschreitung von Einkommensgrenzen die „Fehlbeleger“ (aus Gesetzestext) zur Kasse zu bitten?
Dabei ist in einer Stadt, wie z.B. Trier mit qualifiziertem Mietspiegel und Kappungsgrenze für Vermieter und Mieter, die Rechtslage – aus meiner Sicht – schon jetzt für den Laien-Mieter undurchsichtig genug. Durch eine Wiedereinführung einer Fehlbelegungsabgabe würde es dann erst richtig „komplex“. Neben Vermieter und Mieter treten dann die kommunale Verwaltung und die Arbeitgeber von Mietern als neue Mitspieler im Vermietungskarusell auf. Für den Anwalt sicherlich ein zusätzliches Tätigkeitsfeld, aber für Vermieter und Mieter eine zu erwartende Überbürokratisierung, die nicht zu beherrschen sein wird, zumindest auf der derzeitigen rechtlichen Basis. Aber der politische Aktionismus ist grenzenlos und nichts ist auszuschließen.
Der gesetzliche Rahmen
Die betroffene Gesetzgebung entstammt dem
- Wohnungsbaugesetz 26. April 1950
- Wohnungsbaugesetz 28. Juni 1954
- Dem daraus resultierenden Gesetz zur Reform des Wohnungsbaurechts
- Wohnraumförderungsgesetz
- Wohnungsbindungsgesetz
- Fehlbelegungsabgabegesetz oder Normen Länder (z.b. Hessen: FBAG)
- Dem jeweiligen Länderrecht, für Rheinlandpfalz: Landeswohnraumförderungsgesetz
Definitionen
Der soziale Wohnungsbau ist die staatlich geförderte Schaffung eines Wohnungsangebots für bestimmte Zielgruppen innerhalb der Bevölkerung, welche nicht über ausreichende eigene Mittel verfügen, um auf dem freien Markt eine eigene Haushaltsführung zu bewerkstelligen. Zielgruppen können sein: Familien, Schwangere, Menschen mit Beeinträchtigungen, Pflegebedürftige, etc.
Die Fehlbelegungsabgabe wird als Gebühr den Haushalten auferlegt, die das Wohnungsangebot des sozialen / öffentlich geförderten Wohnungsbaus wahrnehmen, aber nicht zu den entsprechenden Zielgruppen der Bevölkerung zugehörig sind, zu deren Absicherung die Fördermittel bereitgestellt wurden.
Die Abgabe erfolgt gestaffelt, für die nicht den Zielgruppen zugehörigen Teile der Bevölkerung, in Abhängigkeit zu den erzielten Einkommensverhältnissen innerhalb des betroffenen Haushalts. Es wird je nach prozentualer Überschreitung der Einkommensgrenzen ein Betrag nach Quadratmetern erhoben.
Die soziale Wohnungsbindung bezeichnet, die zeitliche Dauer der Auflagen, die mit der öffentlichen Finanzierung obligatorisch eingegangen wurden. Ein vorzeitiges Abweichen von eingegangenen Verpflichtungen ist nicht vorgesehen. Auch dann nicht, wenn öffentliche Darlehen zurückerstattet wurden.
Kontext
Die Fehlbelegungsabgabe ist im eigentlichen Sinne nicht „abgeschafft“ worden, sondern es wurde bisher lediglich darauf verzichtet Gebühren zu erheben.
Die Eingangs erwähnten Wohnberechtigungsscheine sind grundsätzlich nur für ein Jahr bestands kräftig (§ 17 Ziffer 1 LWoFG RLP) und der bürokratische Aufwand, die Einkommensverhältnisse der zurückliegenden Monate vorzuweisen unter Abzug von steuerlichen Besonderheiten, machte es zu einem erheblichen Mehraufwand für alle Beteiligten.
Sofern die Einkommensverhältnisse der Wohnungssuchenden & Mieter nicht geklärt werden können, dürfen die Zuständigen Behörden den Arbeitgeber der Mieter auffordern die Einkommensverhältnisse des Mieters offenzulegen. Auch Finanzbehörden dürfen zur Mithilfe herangezogen werden.
Sofern das Einkommensverhältnis nicht geklärt werden kann, dürfen die Zuständigen Behörden den maximalen Satz erheben, zu Lasten der Mieter. Exemplarisch für die Stadt Mainz werden 4,09 € pro Quadratmeter fällig pro Monat & je Quadratmeter
Für eine 60 m² Wohnung wären dies 245,- € zusätzlich zur Miete, die an die Stadt gezahlt werden müssen. (abgerundet auf vollen Euro-Betrag)
Das hierbei ein vorhandener Mietspiegel überschritten wird muss den zuständigen Behörden, innerhalb von 6 Monaten nach Zugang eines Bescheids dargelegt werden (Angabe für Stadt Mainz). Danach ist die Fehlbelegungsabgabe bis in Höhe des Mietspiegels zu zahlen.
Betroffene haben nach verstreichen der Frist keine einfache Änderungsmöglichkeit mehr gegeben. Sprich: Es muss eine Aufhebung des Bescheids erwirkt werden.
Tücken und Risiken, die auf den Vermieter oder Wohnungs-Verwaltungsgesellschaften zukommen könnten, sind dadurch gegeben, dass zumeist die Kostenmiete (§8 ff. WoBindG) festgestellt werden muss und ein zusätzlicher Berechnungsaufwand und Rückzahlungsansprüche entstehen. Subventionsmittel oder Vertragsstrafen werden dann zahlungsfällig, wenn die Kostenmiete überschritten wurde oder Auflagen verletzt sind.
Kostenmiete entspricht grundsätzlich nicht einer Miete, die den realen Ist-Kosten entspricht, sondern ist in
- 8 ff. WoBindG Wohnungsbindungsgesetz einführend erklärt.
Fehlbelegungsabgabe konkret:
Die Fehlbelegungsabgabe wird von den Wohnberechtigten verlangt, die zu keiner der definierten Zielgruppen gehören und dennoch per Wohnberechtigungsschein oder ohne Verlängerung des Wohnberechtigungsscheins den geförderten Wohnraum bewohnen.
Ein vereinfachtes Schreiben durch den Steuerberater wollen die zuständigen Behörden (regulär) nicht anerkennen, daher sind Belege der Einkommenssituation von Bedeutung. Um notwendige Auskunft zu erhalten darf vom Arbeitgeber Rechenschaft über den Verdienst verlangt werden. (In §24 Ziffer 3 bis 5 LWoFG ist für den Fall der wohnungssuchenden Personen definiert:
(3) Die oder der Verfügungsberechtigte sowie die Mieterin oder der Mieter sind verpflichtet, der zuständigen Stelle auf Verlangen Auskunft zu erteilen, Einsicht in ihre Unterlagen zu gewähren und die Besichtigung von Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen zu gestatten, soweit dies zur Sicherung der Zweckbestimmung der Wohnungen und der sonstigen Bestimmungen der Förderzusage erforderlich ist. Durch Satz 1 wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) eingeschränkt.
(4) Finanzbehörden und Arbeitgeber haben der zuständigen Stelle Auskunft über die Einkommensverhältnisse der wohnungssuchenden Personen und der Antragstellerinnen und Antragsteller auf Fördermittel zu erteilen, soweit dies zur Sicherung der Zweckbestimmungen der Wohnungen und der sonstigen Bestimmungen der Förderzusage erforderlich ist und begründete Zweifel an der Richtigkeit der Angaben und der vorgelegten Nachweise bestehen. Vor einem Auskunftsersuchen soll der oder dem Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben werden.
(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten auch für die Sicherung der Zweckbestimmung bei der Förderung von selbst genutztem Wohneigentum.
Zur Fehlbelegungsabgabe richtet sich nach dem bereinigten Nettoeinkommen der Haushaltsangehörigen Personen. Die in Rheinland-Pfalz gesetzten Grenzen und Bestimmungen sind in § 13 ff. LWoFG RLP Gesetz näher konkretisiert.
Für Einpersonenhaushalte sind 15.000,00 Euro,
Für Zweipersonenhaushalte sind 21.500,00 Euro
vorgesehen. Zuzüglich 5.000 Euro für weitere Haushaltsangehörige oder 1.000 für Kinder nach §32 Abs. 1 bis 5 EstG.
Für Vermieter & Verwaltungsgesellschaften
Wenn Sie sozial gebunden Wohnraum vermieten oder als Eigentümer selsbt bewohnen können Sie anhand Ihrer Unterlagen oder an zuständiger Stelle die Gültigkeit der Bindungsfristen in Erfahrung bringen.
Es gilt § 18 WoBind G (Bestätigung)
(1) Die zuständige Stelle hat dem Verfügungsberechtigten und bei berechtigtem Interesse a
uch dem Mieter schriftlich zu bestätigen, von welchem Zeitpunkt an die Wohnung nicht mehr als öffentlich gefördert gilt. Die Bestätigung ist in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht verbindlich.
(2) Die zuständige Stelle hat einem Wohnungssuchenden auf dessen Verlangen schriftlich zu bestätigen, ob die Wohnung, die er benutzen will, eine neu geschaffene öffentlich geförderte Wohnung ist. Absatz 1 Satz 1 gilt bei berechtigtem Interesse für den Wohnungssuchenden entsprechend.
Besonders Wohnungsverwaltungsgesellschaften wäre hierzu zu raten, denn eine Laissez-faire Haltung verursacht im zeitlichen Verlauf Kosten und ungedeckte Haftungsrisiken.
Sie bewegen sich nicht mehr auf dem Terrain des Mietrechts über Wohnraum nach BGB!
-Es sind in konkreten Fällen Rückzahlung von unrechtmäßigen Überschüssen zu leisten.
– Bis zu 4 Jahre im Falle von unrechtmäßigen Mehreinnahmen oberhalb der Kostenmiete.
-Auflagen des vorzeitig getilgten Darlehens, sind nach Tilgung häufig obligatorisch bestehend.
Sofern Bindungsfristen abgelaufen sind, muss nicht an bestimmten Auflagen festgehalten werden. Sofern Bestimmungen noch gelten ist strikte Einhaltung angebracht und Fehlentwicklungen müssen berichtet und korrigiert werden.
Nichts ist im Nachhinein so ärgerlich, wie ausufernde Streitigkeit über Verträge die nicht mehr gültig sind. Daher ist Vermietern, Eigentümern, Neuerwerbern, Mietern und Verwaltungsgesellschaften zu empfehlen sich Informationen einzuholen und Verträge einzusehen. Denn kaum etwas ist so peinlich und ärgerlich, wie ein Rechtsstreit über Verträge und Auflagen, die sogar im Vertragswerk ein Enddatum enthalten, dass „niemand“ gelesen hat.
Sofern Bindungsfristen als „unbefristet andauernd“ oder ähnliches bezeichnet sind kann nach Urteil (V ZR 176/17) des Bundesgerichtshofs vom 8. Februar 2019 eine Feststellung erhoben werden, ob die Ziele der Bindungsdauer bereits als erfüllt gelten.
Das heißt: Die Bindungsdauer ist nicht unbegrenzt möglich & kann aufgehoben werden durch den Nachweis von vertraglichen Bestimmungen.
Resumee
Dieser Artikel wurde am 02.06.2019 verfasst und kann in der schnelllebigen Welt in der wir leben, schon in weniger Wochen nicht mehr der gültigen Rechtslage entsprechen.
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