Sozialauswahl im Rahmen der Betriebsbedingten Kündigung – Kündigungsschutzgesetz
§ 1 KSchG
Ist das Kündiungsschutzgesetz für einen Arbeitnehmer anwendbar, dann gelten die Regelungen des § 1 KSchG für die betriebsbedingte Kündigung:
Eine Kündigung ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist.
Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
1. in Betrieben des privaten Rechts
a) die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und
der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung des Arbeitnehmers aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2. in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a) die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweiges an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebietes weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Eine Kündigung ist unwirksam, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
Beweislast: Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.
Sozialauswahl erforderlich
Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat.
Auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben.
In die soziale Auswahl sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt.
Beweislast: Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. 2Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. 3Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. 4Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.
Soziale Gesichtspunkte
- Dauer der Betriebszugehörigkeit
- Lebensalter
- Unterhaltspflichten
- Schwerbehinderung
Aus verfassungsrechtlichen Gründen ist auch der Arbeitgeber in einem Kleinbetrieb, auf den das Kündigungsschutzgesetz nach § 23 Abs. 1 KSchG keine Anwendung findet, bei einer betriebsbedingten Kündigung verpflichtet, die Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers unter Beachtung eines gewissen Maßes an sozialer Rücksichtnahme zu treffen.
Dies bedeutet allerdings nicht, dass im Kleinbetrieb die Grundsätze des § 1 KSchG über die Sozialauswahl entsprechend anwendbar sind. Die Auswahlentscheidung des Arbeitgebers im Kleinbetrieb kann vielmehr von den Arbeitsgerichten nur darauf überprüft werden, ob sie unter Berücksichtigung der Belange des Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes unter Berücksichtigung der Interessen des Kleinunternehmers, insbesondere auch des Vertrauensverhältnisses zu seinen Mitarbeitern und seiner geringen Finanzausstattung, gegen Treu und Glauben verstößt.
Auswahlverfahren
- Ermittlung des Mitarbieterkreises, der in die Sozialauswahl einzubeziehen ist
- Vergleichbarkeit – alle von einer betrieblichen Maßnahme (uf den Arbeitsplatz bezogen) betroffenen vergleichbaren Arbeitnehmer, d.h. gegenseitig austauschbare MA
- Vergleichbarkeitgegeben, wenn die Zuweisung des anderen Arbeitsplatzes ohne Änderung des Arbeitsvertrags kraft Direktionsrechts möglich ist, d. h. der Arbeitgeber den Arbeitnehmer einseitig auf den anderen Arbeitsplatz umsetzen oder versetzen kann
- Die erforderliche Sozialauswahl ist auf den Betrieb bezogen, nicht unternehmensbezogen.
- Vergleichbarkeit liegt grds. nicht vor, wenn Änderung wesentlicher Arbeitsbedingungen erforderlich würden.
- Der Arbeitgeber kann sog. Leistungsträger von der Sozialauswahl ausnehmen ( § 1 Abs. 3 Satz 2 KSchG).
- Bildung von Altersgruppen zur Erhaltung einer ausgewogenen Alterstruktur
- Sozialdaten- alle vier Kriterien haben grds. das gleiche Gewicht.
- Punkteschema – Arbeitgeber und Betriebsrat können festlegen, wie die im Gesetz genannten Grunddaten im Verhältnis zueinanderausgewogen zu bewerten sind.
Punkteschema – Beispiel
- Betriebszugehörigkeit: bis 10 Dienstjahre je Dienstjahr 1 Punkt, ab dem 11. Dienstjahr je Dienstjahr 2 Punkte, wobei nur Zeiten der Betriebszugehörigkeit bis zum vollendeten 55. Lebensjahr berücksichtigt werden, wodurch eine maximale Punktezahl von 70 aufgrund der Dienstjahre erreicht werden kann.
- Lebensalter: für jedes volle Lebensjahr 1 Punkt, wobei lediglich die Lebensjahre bis zum 55. Lebensjahr berücksichtigt werden, wodurch maximal 55 Punkte aufgrund des Lebensalters erreichbar sind.
- Unterhaltspflichten: je unterhaltsberechtigtem Kind 4 Punkte, verheiratet 8 Punkte.
- Behinderung: Schwerbehinderung bis 50 % Erwerbsminderung 5 Punkte, über 50 % je 10 % Erwerbsminderung jeweils 1 Punkt.